Wildpflanzen vs. Zierpflanzen – Ist jede Blüte insektenfreundlich?

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Wildpflanzen vs. Zierpflanzen

Ist jede Blüte insektenfreundlich?

Im privaten Garten oder in öffentlichen Parkanlagen, auf dem Balkon oder der Fensterbank – Zierpflanzen schmücken unsere Häuser und Grünanlagen und erfreuen unser Auge mit einer bunten Blütenpracht. Doch was leisten sie eigentlich für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge & Co? Ist jede Blüte insektenfreundlich oder sollte ich in meinem Garten lieber auf Zierpflanzen verzichten? In diesem Blogbeitrag klären wir diese und weitere Fragen zum Thema Zierpflanzen.

Wodurch unterscheiden sich Wild- und Zierpflanzen?

Die Wildpflanzen, von denen wir sprechen, haben ein natürliches Vorkommen in Mitteleuropa und sind nicht züchterisch durch den Menschen verändert. Viele unserer Zierpflanzen sind nicht heimisch, sondern werden aus der ganzen Welt importiert. Heimische Insekten haben sich jedoch über Jahrmillionen an die bei uns vorkommenden Wildpflanzen angepasst. Stark spezialisierte Insekten sind auf ganz bestimmte Pflanzen angewiesen, die ihnen Nahrung, Nistmöglichkeiten oder ein Winterquartier bieten. Fehlen diese Pflanzen, können die dazugehörigen Insekten nicht überleben.

“Wir fördern heimische Insekten am besten mit heimischen Pflanzen.”

Bei der Ausbringung von Saatgut oder dem Pflanzen von Wildstauden als Topfware ist darauf zu achten, dass es sich um „gebietsheimische“ Wildpflanzen handelt. Denn im Erbgut können auch kleinere Distanzen einen großen Unterschied machen. So sollten nur Pflanzen verwendet werden, die aus demselben Ursprungsgebiet stammen und auch in diesem vermehrt wurden, also gebietsheimisch sind. Denn zur Biodiversität gehört neben der Artenvielfalt auch die genetische Vielfalt, also unter anderem die Anpassungen an unterschiedliche Regionen.

Blühender Saum mit gebietsheimischen Wildkräutern. Im Vordergrund Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare) und Wiesensalbei (Salvia pratensis)
Heimische Wildblumen in voller Blüte: Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare) und Wiesensalbei (Salvia pratensis), Foto: Marius Fink

Exotische Zierpflanzen hatten nicht die Chance, sich gemeinsam mit den bei uns heimischen Insekten zu entwickeln, um das Überleben von Pflanze und Bestäuber durch ein gutes Pollen- und Nektarangebot zu sichern. Sie sind an die Bestäuber ihrer Herkunftsgebiete angepasst und können zumindest unseren heimischen Spezialisten, keine Nahrung bieten. Zudem wurden durch Züchtung die Pflanzen nicht für die heimischen Insekten optimiert, sondern für das menschliche Auge und auf Pflegeleichtigkeit hin.

Was macht eine „gute“ Blüte für Insekten aus?

Aus Sicht der Bestäuber sind gute Blüten reich an Pollen und Nektar. Der Pollen, welcher das männliche Erbgut der Pflanze trägt, enthält sehr viele Proteine und wird für die Aufzucht des Insekten-Nachwuchses benötigt. Als Lockmittel stellen viele Pflanzen Nektar zur Verfügung. Der ist zuckerreich und dient den erwachsenen Bestäubern als Nahrung. Es ist vorteilhaft für die Pflanzen, wenn möglichst viele Insekten sie besuchen, ihr Erbgut auf anderen Pflanzen verteilen und so die Fortpflanzung sicherstellen. Doch nicht nur das Vorhandensein von ausreichend Pollen und Nektar, sondern auch die Erreichbarkeit ist wichtig. Nicht jeder Rüssel ist lang genug, um an den Nektar am Boden einer langgezogenen Blüte zu gelangen.

“Ungefüllte Blüten, mit gut zugänglichem Pollen- und Nektarangebot, sind wertvoll für Insekten.”

Durch züchterische Veränderung der Zierpflanzen wurde oftmals das Ziel verfolgt, möglichst imposant wirkende Blüten zu erschaffen, bei denen die Blütenblätter vergrößert oder deren Anzahl vermehrt sind. Diese sogenannten “gefüllten Blüten” entstehen dadurch, dass Staubblätter – welche eigentlich den Pollen produzieren – in Blütenblätter umgewandelt werden. Leider entstehen dadurch sterile Blüten, welche oftmals weder Pollen noch Nektar bereithalten/produzieren und daher für blütenbesuchende Insekten nutzlos werden. Weiterhin sind viele Zierpflanzen Kreuzungen aus verschiedenen Arten, sogenannte Hybride. Nicht alle Hybride sind steril, doch häufig sind sie nicht mehr in der Lage Samen zu produzieren, da das Erbgut, welches von den Eltern mitgegeben wurde, einfach zu verschieden ist.

Was können Zierpflanzen für Bienen, Hummeln und Co. leisten?

Die Zierpflanzen scheinen gegenüber den Wildpflanzen ziemlich schlecht abzuschneiden. Doch auch exotische Züchtungen können im Garten oder auf dem Balkon einen Nutzen haben. So können Zierpflanzen Pollen und Nektar für bestäubende Insekten bereitstellen, wenn das Nahrungsangebot durch Wildpflanzen rar ist. In einer Studie untersuchten Staab et al. (2020) Blüten besuchende Insekten in verschiedene Gärten in Stuttgart. Im Jahresverlauf nahm die Verfügbarkeit von Wildpflanzen als Pollen- und Nektarquelle ab und Zierpflanzen wurden zu dieser Zeit häufiger von Bestäubern angeflogen. Die lange Blütezeit von Zierpflanzen ist also auch für Insekten nützlich. Wer also nicht auf Zierpflanzen im eigenen Garten verzichten möchte, sollte möglichst spät blühende Arten anpflanzen.

“Einige spät und langanhaltend blühende Zierpflanzen können Insekten über die sommerliche Trachtlücke verhelfen.”

Allerdings können nur generalistische Blütenbesucher direkt von den Zierpflanzen profitieren, wie weiter oben schon beschrieben wurde. Doch die Krefelder Studie hat gezeigt, dass die Insektenwelt in ihrer Gesamtheit gefördert werden muss. Der riesige Verlust an Insekten-Biomasse betrifft nicht nur die Seltenheiten, sondern auch gängige Arten. Zierpflanzen, die gerne von Honigbienen und häufigen Hummelarten angeflogen werden, können mit vielen Blüten auf kleinem Raum und einer langen Blühphase einen Beitrag in der Stadt gegen das Insektensterben leisten. Und die Spezialisten haben auch etwas davon: weniger Konkurrenz an Wildpflanzen. Insbesondere die Honigbiene stürzt sich als massentrachtsuchende Generalistin sehr gerne auf große Mengen blühender Kultur- und Zierpflanzen. Das reduziert den allgemeinen Sammeldruck auf Wildpflanzen, die viele heimische Spezialisten so dringend benötigen. Man kann also durchaus Zierpflanzen als „Ablenkungstracht“ einsetzen.

Gute Blüten – Schlechte Blüten

Welche Zierpflanzen sind insektenfreundlich?

Die Auswahl an Zierpflanzen im Blumenladen, Baumarkt oder im online-Handel ist schier unendlich. Die Züchtung hunderter verschiedener Sorten macht es nicht übersichtlicher. Und beim Kauf von Pflanzen, die Blütenbesuchern ein großes Pollen- und Nektarangebot bieten, gibt es vieles zu beachten. Nicht nur die Art spielt eine Rolle, sondern auch die Sorte. In einer britischen Studie untersuchten Garbuzov und Ratnieks (2014) verschiedene Lavendel-Sorten. Es hat sich gezeigt, dass nicht alle Sorten gleich attraktiv für Insekten waren und der Faktor „einheimisch“ nicht immer eine Rolle spielt. Auch Rollings & Goulson (2019) konnten beobachten, dass es bezüglich der Anzahl angezogener Insekten keinen Unterschied zwischen heimischen und exotischen Zierpflanzen gab. Allerdings war die Insektendiversität an heimischen Pflanzen signifikant höher.

“Heimische Pflanzen nutzen einer Vielzahl von verschiedenen Insektenarten, exotische Zierpflanzen sprechen deutlich weniger Arten(vielfalt) an.”

Die beliebteste Balkonkasten-Pflanze, die Geranie (Gattung Pelargonium), stammt ursprünglich aus dem südlichen Afrika und wird in Form von zahlreichen Züchtungen im Handel angeboten. Doch als Bestäuberpflanze taugt sie leider nichts. In einer Studie von Garbuzov & Ratnieks (2014) wurden die untersuchten Geranien (Pelargonium x hortorum) in 2 Jahren genau ein einziges Mal von einem Zitronenfalter angeflogen. In anderen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde sie erst gar nicht in Betracht gezogen, da kaum Blütenbesucher vorbeischauen. Die bekanntesten Sorten sind steril und bieten Insekten also keine Nahrung.

Fuchsien, auch auf vielen Terrassen zu finden, können als gefüllte Form genau wie viele Züchtungen steril sein, haben aber noch ein anderes Problem: bestäubt werden sie eigentlich von Kolibris. Dementsprechend ist die Blütenform nicht auf Insekten wie Wildbienen ausgelegt, an den Nektar zu gelangen ist eine Herausforderung. Doch kurzrüsselige Hummeln wie die Erdhummel wenden einen Trick an: Nektarraub. Sie beißen von hinten ein Loch in den Blütensporn und stehlen den Nektar, auf die Bestäubung wird verzichtet. Dies kann auch anderen Staudenpflanzen mit langem Sporn passieren, wie z.B. der Akelei. Generalistische Hummeln haben also die Möglichkeit flexibel mit exotischen Zierpflanzen wie der Fuchsie umzugehen und trotzdem an den Nektar zu gelangen, obwohl er eigentlich nicht für sie gedacht war.

Insektenfreundliche Zierpflanzen finden

Doch welche Zierpflanzen sind denn nun wirklich bestäuberfreundlich? Wir haben Ihnen eine Liste zusammengestellt, welche Arten aufführt, die nach wissenschaftlichen Untersuchungen attraktiv für Insekten sind. Außerdem möchten wir Ihnen den Sortenfinder der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg vorstellen. Seit 2017 wird an ausgewählten Arten und Sorten der Bestäuberzuflug erfasst.  Die Ergebnisse jeder untersuchten Sorte lassen sich abrufen und geben eine Einordnung über die Insektenfreundlichkeit. Beim Pflanzenkauf sollte auf Bio-Qualität und regionale Erzeugung geachtet werden. Eine aktuelle Untersuchung vom BUND hat gezeigt, dass fast alle Zierpflanzen aus Baumärkten oder Pflanzencentern pestizidbelastet und damit schädlich für Bestäuber sind!

Liste insektenfreundlicher Zierpflanzen

Deutscher NameBotanischer NameBlütenfarbeBlütenbesucher
GoldgarbeAchillea filipendulina 'Cloth of Gold'gelbWB, Fl
Anis-DuftnesselAgastache foeniculum 'Blue Fortune'blauFl, Schm, Hu, B
Herbst-AnemoneAnemone hupehensisrosaB, WB, Hu, Fl
Färber-KamilleAnthemis tinctoriagelbWB, Fl
Glattblatt-AsterAster novi belgiiviolettB, Hu
ZweizahnBidens spp. 'Starlight'weißB, Hu, WB, Fl
BorretschBorago officinalisblauB, Hu
SommerfliederBuddleia davidiiviolettSchm
SteinquendelCalamintha nepetaweiß, violettB, Hu, WB, Fl
Berg-FlockenblumeCentaurea montanablauHu, WB
MädchenaugeCoreopsis spp. 'Pink Lady' o. 'Mango Punch'pink, orangeB, WB, Fl
Dunkellaubige DahlieDahlia-Hybrid 'Bishop of Oxford'orangeHu, B
Garten-DahlieDahlia x hortensis 'Krishna'rotHu, B, WB
NatternkopfEchium vulgareblau, violettWB, Hu, Fl
Kleiner MannstreuEryngium planumblauWB, Hu, B, Schm
Violetter SchöterichErysimum bicolor 'Bowles Mauve'violettSchm, Hu
WasserdostEupatorium cannabiumrosaSchm
ZauberschneeEuphorbia hypericifolia 'Diamond Frost'weißWB, Fl
Garten-PrachtkerzeGaura lindheimeri 'Bellza White 14'weißB, Hu, WB, Fl
StorchschnabelGeranium 'Rozanne'violettB, Hu, WB
Herbst-SonnenbrautHelenium autumnalegelb, rotB, WB
Blauer YsopHyssopus officinalis 'Blue'blauB, Hu, WB, Fl
Echter LavendelLavandula angustifolia blauHu, B, WB, Fl
Provence-LavendelLavandula x intermedia 'Gros Bleu' o. Edelweiß'blau, weißB, Hu
Acker-VergissmeinnichtMyosotis arvensisblauWB
Kaukasus-KatzenminzeNepeta mussiniiblauHu, B, WB, Fl
Trauben-KatzenminzeNepeta racemosablauHu, B, Schm
KatzenminzeNepeta x faassenii 'Six Hills Giant'blauB, Hu, WB, Schm
OreganoOriganum vulgareviolett, rosaWB, Sch, Hu, B, Fl
Geflecktes LungenkrautPulmonaria officinalisviolett, rosaWB, Hu
SonnenhutRudbeckia fulgidagelbWB, B, Hu, Fl
Tauben-SkabioseScabiosa columbariaviolettB, Hu, WB, Fl
Blaue FächerblumeScaevola aemula 'Surdiva Pink Blue'blauWB, B, Hu, Fl
WollziestStachys byzantinapinkWB, Hu
Kaukasus-GamanderTeucrium hircanicumviolettB, Hu, Schm, Fl, WB
Echter BaldrianValeriana officinalisrosa, weißHu, B, WB, Fl
Patagonisches EisenkrautVerbena bonariensisviolettSchm, Fl, B, Hu, WB
Blütenbesucher: Honigbienen (B), Hummeln (Hu), Wildbienen (WB), (Schweb)fliegen (Fl), Schmetterlinge (Schm)

Liste “Insektenfreundliche Zierpflanzen” als PDF downloaden

Diese Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig; sie soll lediglich bei der Zusammenstellung Ihrer
Garten- oder Balkonbepflanzung helfen.

Alternative Sorten oder Arten können Sie mit dem Sortenfinder der LVG Heidelberg auf Insektenfreundlichkeit überprüfen.

Fazit: Die Mischung macht’s!

Eine artenreiche Bestäuber-Gemeinschaft kann allein durch Zierpflanzen nicht gefördert werden. Das geht eigentlich aus allen Studien hervor, die sich mit dem Thema befassen. Und längst nicht jede Blüte ist automatisch bienenfreundlich für Hummeln, Schmetterlinge und Co. Wildpflanzen sind und bleiben essenziell für den Erhalt von heimischen Insekten. Auch wenn in der Stadt der Fokus nicht so sehr auf den spezialisierten Blütenbesuchern liegt wie in der freien Landschaft, so gehören Wildpflanzen in jeden Garten und in jede Parkanlage. Wichtig ist Vielfalt! Eine artenreiche Mischung mit vielen Wildpflanzen und verschiedenen bestäuberfreundlichen Zierpflanzen ist nicht nur schön fürs Auge, sondern hilft Insekten dabei, Nahrung zu finden und ihren Nachwuchs großzuziehen. Wer nicht auf seine gefüllten Geranien oder Rosen verzichten möchte, ergänzt sein Blütenangebot einfach um ein paar Wildpflanzen und erfreut damit Menschenauge und Insektenrüssel gleichermaßen.

Verfasst von Hanna Konrad 

Insektenfreundlicher Garten mit Wild- und Zierpflanzen, Foto: Janina D'Alvise
Insektenfreundlicher Garten mit Wild- und Zierpflanzen, Foto: Janina D’Alvise

Quellen

Garbuzov, M., & Ratnieks, F. L. (2014). Quantifying variation among garden plants in attractiveness to bees and other flower‐visiting insects. Functional Ecology, 28(2), 364-374.

Hallmann, C. A., Sorg, M., Jongejans, E., Siepel, H., Hofland, N., Schwan, H., … & de Kroon, H. (2017). More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PloS one, 12(10), e0185809.

Kretschmer, L. (2017). Attractiveness of ornamental flowers for pollinating insects in an urban area. Master’s thesis, University of Hohenheim, Stuttgart.

Marquardt, M., Kienbaum, L., Kretschmer, L. A., Penell, A., Schweikert, K., Ruttensperger, U., & Rosenkranz, P. (2021). Evaluation of the importance of ornamental plants for pollinators in urban and suburban areas in Stuttgart, Germany. Urban Ecosystems, 24(4), 811-825.

Rollings, R., & Goulson, D. (2019). Quantifying the attractiveness of garden flowers for pollinators. Journal of Insect Conservation, 23(5), 803-817.

Shackleton, K., & Ratnieks, F. L. (2016). Garden varieties: How attractive are recommended garden plants to butterflies? Journal of Insect Conservation, 20(1), 141-148.

Staab, M., Pereira-Peixoto, M. H., & Klein, A. M. (2020). Exotic garden plants partly substitute for native plants as resources for pollinators when native plants become seasonally scarce. Oecologia, 194(3), 465-480.

Stanley, D. A., & Cosnett, E. (2021). Catching the thief: Nectar robbing behaviour by bumblebees on naturalised Fuchsia magellanica in Ireland. Journal of Pollination Ecology, 29, 240-248.

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