Ein Lob auf den Schottergarten!
Mehr Schotter für den Bienenschutz!
Wenn von Bienenschutz gesprochen wird, wälzen sich die Menschen in gemeinsamer Verachtung für Schottergärten. Manchmal könnte man meinen, dass es a) überhaupt niemanden im Land gibt, der einen Schottergarten besitzt und b) ein gemeinsames Feindbild das Einzige ist, das Landwirte, Bürger und Naturschützer zusammenbringen kann. Wir vom NBL stehen seit 2003 für ein gemeinsames Schaffen von Insektenlebensräumen mit allen Akteuren in der Landschaft und auch im Bereich Privatgarten. Und wir finden Stein- und Schottergärten toll. Fragezeichen auf der Stirn? Klären wir auf:
Klären wir auf:
Was ist überhaupt ein Stein- oder Schottergarten? Diese Frage ist mehr als berechtigt, denn zwischen dem, was auf einer Schotterfläche alles wachsen kann und der Art von Flächen vor Häusern, für die sich dieser Begriff eingebürgert hat, gibt es gewaltige Unterschiede:
- Steingärten sind Bestandteile vieler artenreicher Gärten. Dominierende Elemente sind natürlich Steine, aber auch mageres, durchlässiges Substrat. Hier gedeihen Überlebenskünstler unter den Pflanzen, die in unserer überdüngten und planierten Landschaft keinen Platz mehr haben. Viele Insekten sind auf diese Pflanzen spezialisiert und sind deshalb gleichsam von deren Rückgang betroffen. Oft werden Steingärten auch als “Alpinum” bezeichnet, weil viele Alpenbewohner unter den genügsamen Überlebenskünstlern zu finden sind.
- Ähnliches gilt für Schotterflächen: ein Schotterweg, eine Feuerwehrzufahrt oder auch nur ganz kleine Stellen aus Schotter und Sand bieten einem ganz eigenen, spezialisierten Spektrum von Pflanzen und Tieren einen Lebensraum. 70% der heimischen Wildbienen nisten nicht in Insektenhotels, sondern im Boden, und sind dabei auf vegetationsfreie oder nur schütter bewachsene Stellen angewiesen. Schotter selbst ist für die Bienen zwar nicht grabbar, aber die spezialisierten Pflanzen darauf sichern Pollen- und Nektarversorgung.
Das, was heute in den Medien als Schottergärten bezeichnet wird, hat damit überhaupt nichts zu tun! Diese sterilen Flächen sind tot, weshalb nicht einmal der Begriff „Wüste“ auf sie passt, denn gegen diese Inbegriffe menschlicher Naturentfremdung ist jede Wüste dieser Erde ein Hort sprudelnden Lebens. Durch Kunststoff-Vliese vom Untergrund abgeschnitten und mit chemisch aufbereitetem, gleichmäßigem Schotter aufgeschüttet strahlen diese Flächen vor Häusern eine Lebensfeindlichkeit wie auch Widersprüchlichkeit aus, wie kaum etwas anderes in unseren Kommunen: Für den Traum vom Eigenheim mit Garten heizen Menschen den Flächenfraß an, wollen dann aber keine Arbeit mit dem gewonnenen Freiraum haben. Für ein „ordentliches“ und „sauberes“ Bild und die vermeintliche Pflegeleichtigkeit wird ein Teil der Siedlungsfläche dann lebensfeindlich verschwendet und der Natur entzogen. Das darf nicht sein! Ein gepflasterter Parkplatz würde wenigstens Parkraum bieten und wäre nicht so tot wie diese unsäglichen Schotterflächen. Warum nennen wir da denn so umständlich „Schotterflächen“? Schlicht und ergreifend, weil wir diesen Elementen in unseren Siedlungen die Eigenschaft als „Garten“ völlig absprechen!
Ein Garten ist grün, in einem Garten wächst es, ein Garten lebt.
Wer also keine Arbeit mit seinem Garten vor dem Häuschen haben will, dem können wir einige Modelle empfehlen: einen Dschungel heimischer Pflanzen einfach verwildern zu lassen oder – wer optische „Ordnung“ mag – einen Schotter- oder Steingarten anzulegen. Dann aber bitte einen echten Schottergarten, mit Struktur, Bodenkontakt und vor allem einer Bepflanzung mit unseren Trockenheits- und Magerkünstlern wie Fetthenne, Mauerpfeffer, Steinkraut, Thymian und Co. – diese brauchen auch garantiert keine intensive, jährliche Pflege! Damit kann jeder einen aktiven Beitrag im Kampf gegen den Lebensraum- und Artenschwund leisten. Wir finden, wenn Bürger und Bauern in der Gesamtlandschaft an einem Strang ziehen, eint uns das als Gesellschaft im positiven Tun statt im gemeinsamen Feindbild.
Autor:
Dr. Matthias Wucherer
Dr. Matthias Wucherer