Wir machen artenverarmte Wiesen wieder bunt!

Mit “Wiesenwert(s) Allgäu” setzen wir uns im Rahmen des EU-LIFE-Projekts “Insektenfördernde Regionen” für die Umwandlung von artenarmen Grünflächen in farbenfrohe, artenreiche Wiesen ein. Durch die Mahdgutübertragung, eine Maßnahme zur gezielten Artenanreicherung im Grünland, unterstützen wir Landwirt*innen und Flächeneigentümer*innen im Landkreis Ravensburg dabei, die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft zu fördern und die regionale Flora und Fauna zu bewahren. Gleichzeitig sollen die Wiesen weiterhin für die landwirtschaftliche Nutzung und Erzeugung geeignet sein. 

Das Ziel: mehr Schmetterlinge, Wildbienen und Co., mehr Leben in unserer Agrarlandschaft durch Wiesen-Nutzung

Die Landwirtschaft ist für den Natur- und Artenschutz sehr wichtig, denn der Großteil artenreicher Wiesen sind erst durch die Nutzung des Menschen entstanden. In den letzten Jahrzehnten ist jedoch durch intensive Nutzung die Artenvielfalt der Wiesen verloren gegangen. Wir müssen wieder zu Bewirtschaftungsformen finden, die die Artenvielfalt fördern, statt sie durch intensive Bewirtschaftung zu verringern. Ein Weg ist die Umstellung auf eine extensive Nutzung mit zwei bis drei Schnitten im Jahr und geringerer Düngegabe. Doch meist ist es allein damit nicht getan. Gerade im Allgäu sind fast alle Flächen in einem Landschaftsausschnitt ebenfalls so artenarm, dass sich die Pflanzen nicht von selbst wieder ansiedeln können. Deshalb kann es sinnvoll sein, die entsprechende Pflanzengesellschaft auf diesen Wiesen wieder aktiv anzusalben. Das ist besonders dann zu empfehlen, wenn die Wiese noch einen Beitrag zur Futtererzeugung liefern soll (vorzugsweise Heuwerbung).

Machen Sie mit und erleben Sie die Rückkehr der Farben in Ihre Grünflächen!

Das Projekt wird gefördert mit Mitteln des Ministeriums für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz (MLR) des Landes Baden-Württemberg im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt (Laufzeit 2022-2024).

Hintergrund

Die baden-württembergischen Wiesen und Weiden gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Sowohl die Vielfalt der Pflanzen wie auch der dort vorkommenden Tiere, insbesondere der Insekten, ist außerordentlich hoch. Jedoch sind gerade in Grünlandgebieten wie dem Allgäu die Bestände artenreichen Grünlands durch großflächig intensive Nutzungsformen sehr stark zurückgegangen. Das mittlere Grünland, also die typischen Heuwiesen-Standorte, ist hiervon am stärksten betroffen. Eine langjährige Vielschnitt-Gülle-Wiese lässt sich nicht von heute auf morgen in eine Heuwiesen-Bewirtschaftung überführen – dazu benötigt es eine komplett andere Artenausstattung. Vielfach sind jedoch die Kenntnisse und das Know-How zur Umwandlung und Aufwertung der Grünlandbestände bei den Betrieben nicht (mehr) vorhanden. Hier setzt das Projekt “Wiesenwert(s) Allgäu” an. Das Projekt bündelt, vermittelt und teilt vorhandenes Wissen und Know-How zur Aufwertung und Wiederherstellung artenreicher Grünlandbestände, und entwickelt es gemeinsam mit Landwirt*innen weiter. Daneben unterstützt ein umfangreiches Beratungs- und Vernetzungsangebot umstellungswillige Flächennutzer*innen, um artenreiche Wiesen auch in der Intensivgrünland-Region des württembergischen Allgäus wieder zu etablieren. 

Dieses Projekt unterstützt nicht nur die Natur, sondern auch die Landwirt*innen der Region

Mahdgutübertragung – was ist das?

Die Mahdgutübertragung (auch Mähgutübertragung genannt) wird in diesem Projekt als Maßnahme zur Artenanreicherung im Grünland angewendet. Sie ist die natürlichste und einfachste Maßnahme, da sie von Landnutzer*innen mittels regionaler Ressourcen, Kontakte und Absprachen durchgeführt werden kann. Dazu wird artenreiches Mähgut von einer möglichst nahliegenden Spenderfläche entnommen und auf eine zuvor vorbereitete Empfängerfläche aufgebracht. So werden die Samen und Diasporen der Spenderfläche verbreitet.

Bei der Flächenvorbereitung gibt es verschiedene Varianten. Bei der Variante, die wir bereits im Projekt “Buntes Grünland” erfolgreich erprobt haben, nutzen wir einen Wiesenstriegel mit vielmaliger Überfahrt (mind. 4-5x), um damit die Grasnarbe aufzurauen, das Grünland aber nicht komplett umzubrechen. So entsteht genügend Offenboden für die aufkommenden Keimlinge, ohne dass das Bodenleben gestört wird. Ein Umbruch mit Neueinsaat ist zwar die sicherste Methode für die Etablierung neuer Pflanzen, jedoch ist diese für uns aus Gründen des Biodiversitäts- und Bodenschutzes (teilweise Zerstörung), des Klimaschutzes (je nach Boden starker Humusabbau mit CO2-Ausgasung) und des hohen maschinellen Aufwandes (z.B. Einsatz Bodenfräse mit zusätzlichen Kosten) sowie des administrativen Aufwandes (Grünlandumbruch ist genehmigungspflichtig) keine großflächig und einfach durchführbare Methode.

Wieso Mahdgutübertragung?

Damit die Wiesen auch einen optimalen Beitrag zur Bewahrung unserer heimischen Biodiversität und der lokalen genetischen Vielfalt leisten, verwenden wir das Mähgut von langjährig gebietsheimischen (auch autochthon genannten) Pflanzenbeständen. Die Mahdgutübertragung ermöglicht die Übertragung vollständiger Grünlandgemeinschaften.

Vor allem für Insekten, die auf bestimmte Strukturen und Pflanzenarten spezialisiert sind, ist es sehr wichtig gebietsheimische Herkünfte der Pflanzen zu verwenden. Spezialisierte Arten, wie viele Schmetterlinge oder Wildbienen es sind, haben im Laufe der Evolution die Zeitpunkte ihrer Lebensweise mit ihren Wirtspflanzen abgestimmt. Entwickeln sich diese, z.B. zur Blüte zu einem anderen Zeitpunkt, dann passen die ökologischen Beziehungen nicht mehr zueinander. Das Tier findet dann keine Nahrung mehr oder die Pflanze wird möglicherweise nicht effektiv bestäubt. Dass die floristische Aufwertung ehemals artenarmer Wiesen funktioniert, beweisen unsere Erfahrungen und Ergebnisse auf der über 3 ha großen Versuchswiese in Leutkirch-Balterazhofen. Hier hat sich die Artenvielfalt der Schmetterlinge und Heuschrecken im Laufe von fünf Jahren deutlich erhöht. Trotzdem sind die Ernteerträge der Heuwerbung gleichbleibend hoch und von guter Qualität (mehr Informationen zu dem Projekt “Buntes Grünland” finden sie hier). Jede neu geschaffene artenreiche Wiese kann somit einen Beitrag leisten, die heimische Flora und Fauna zu bewahren.

Zusätzlich eingebrachte Arten und die Umstellung der Bewirtschaftungsweise auf eine extensive Grünlandbewirtschaftung mit einer 2- bis 3-schürigen Mahd und wenig bis keiner Düngung sind die Voraussetzung zu einer langfristigen Etablierung der typischen Wiesenarten. Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich vom Standort und von der weiteren Pflege im Anschluss ab.

Was sind Vorteile?

Lokale Herkünfte; Übertragung vollständiger Grünlandgemeinschaften mit standorttypischer genetischer Ausstattung; Praxisnah; Schonend; Kostengünstig (wenn Infrastruktur etabliert); Die Entwicklung der Empfängerfläche hängt von der Nutzung und Pflege ab; Höherer Anteil strukturwirksamen Raufaserfutters und gesundes Futter

Was sind mögliche Nachteile?

Keine Gewährleistung, dass alle übertragenen Samen auflaufen, besonders bei geringer Individuenzahl im Spenderbestand; Es wird mehrere Jahre dauern, bis sich der Bestand entwickelt hat; Hoher Organisationsaufwand (wird durch NBL übernommen); Ertragsrückgänge sind je nach Intensität der Fläche in der Vorbewirtschaftung zu erwarten; Höherer Anteil strukturwirksamen Raufaserfutters (auch positiv)

Was muss in der Bewirtschaftung geändert werden?

Langfristige Umstellung auf extensive Bewirtschaftung; Ein bis drei Schnitte im Jahr (in den ersten Jahren meist zwei bis drei Schnitte); Wenig bis keine Düngung

Was leistet das NBL?

Nachdem Sie sich bei uns gemeldet haben, kommen wir auf Ihre Spender- oder Empfängerfläche und beurteilen, ob eine Mähgutübertragung von oder auf diese Fläche machbar ist und die Fläche die Voraussetzungen wie Flächengröße, Vegetationsstruktur, Erreichbarkeit, Bewirtschaftungshistorie und Bewirtschaftbarkeit erfüllt.

Wir suchen in der Umgebung Ihrer Fläche nach passenden Spender- und Empfängerflächen, die zu den Standortbedingungen ihrer Fläche passen.

Der größte Aufwand bei einer Mähgutübertragung ist häufig die Organisation. Wir organisieren nach Absprache mit Ihnen die Übertragung des Mähguts. Dabei sind wir auf Ihre Hilfe und Mitwirken angewiesen. Übertragungen finden üblicherweise zwischen dem 15. bis 30. Juni statt.

Fehlen Maschinen, können wir dabei helfen Lohnunternehmen oder andere Landwirt*innen zu organisieren, die beispielsweise die Vorbereitung und die Übertragung des Mähguts auf Ihre Fläche übernehmen.

Auch sind wir bereit, die entstehenden Kosten wie Transportkosten und Materialkosten nach vorheriger Absprache zu übernehmen.

Damit sich die Fläche auch gut entwickelt, beraten wir Sie nach der Mähgutübertragung in Bezug auf die weitere Pflege und die langfristige Bewirtschaftung Ihrer Fläche.

Mitmachen und Mitgestalten

Mahdgut-Empfänger*in

Sie besitzen oder bewirtschaften eine Wiese im Landkreis Ravensburg von mindestens 0,3 ha, die Sie aufwerten und langfristig extensiv bewirtschaften möchten? Bewerben Sie sich jetzt bis Mai 2024 als Mahdgut-Empfänger*in! Um die Kontaktaufnahme zu vereinfachen und gleich die relevanten Informationen zu erhalten, bitten wir Sie, die folgenden Fragen im “Bewerbungsformular” zu beantworten und an grasreiner@bluehende-landschaft.de zu senden. Wir melden uns bei Ihnen!

Bewerbungsformular
Bewerbung an: grasreiner@bluehende-landschaft.de

Mahdgut-Spender*in

Sie verfügen über eine natürlich entstandene artenreiche Heuwiese im Landkreis Ravensburg (keine Ansaat innerhalb der letzten 10 Jahre; keine Streu- oder Nasswiese)? Sie möchten einen Betrag leisten und Ihre Umgebung wieder erblühen lassen und Ihre Wiese auch monetär in Wert setzen? Bewerben Sie sich jetzt bis Mai 2024 als Mahdgut-Spender*in! Um die Kontaktaufnahme zu vereinfachen und gleich die relevanten Informationen zu erhalten, bitten wir Sie, die folgenden Fragen im “Bewerbungsformular” zu beantworten und an grasreiner@bluehende-landschaft.de zu senden. Wir melden uns bei Ihnen!

Bewerbungsformular
Bewerbung an: grasreiner@bluehende-landschaft.de

Häufige Fragen

  • Lokale Herkünfte
  • Übertragung vollständiger Grünlandgemeinschaften mit standorttypischer genetischer Ausstattung
  • Praxisnah
  • Schonend
  • Kostengünstig (wenn Infrastruktur etabliert)
  • Die Entwicklung der Empfängerfläche hängt von der Nutzung und Pflege ab
  • Höherer Anteil strukturwirksamen Raufaserfutters und gesundes Futter
  • Keine Gewährleistung, dass alle übertragenen Samen auflaufen, besonders bei geringer Individuenzahl im Spenderbestand
  • Es wird mehrere Jahre dauern, bis sich der Bestand entwickelt hat
  • Hoher Organisationsaufwand (Übernahme durch NBL)
  • Ertragsrückgänge sind je nach Intensität der Fläche in der Vorbewirtschaftung zu erwarten, eine wirtschaftliche Nutzung der Fläche ist jedoch weiterhin möglich und erwünscht. Das Erntegut sollte in die Betriebsstruktur und –ablauf integriert werden
  • Höherer Anteil strukturwirksamen Raufaserfutters (auch positiv)
  • Langfristige Umstellung auf extensive Bewirtschaftung 
  • Ein bis drei Schnitte im Jahr (in den ersten Jahren meist zwei- bis dreischürig) 
  • Wenig/keine Düngung 
  • Artenarm (grün)
  • Möglichst keine Einsaat mit Hochleistungsgräsern
  • Entfernung von problematischen Wiesenkräutern, wie Ampfer und Kreuzkräuter, im Voraus; diese sollten nicht in großen Mengen vorkommen
  • Zukünftig geringe Nutzungsintensität
  • Mind. vier verschiedenen Blütenfarben. Weiß, rot/rosa, gelb, blau/lila.
  • Auf 1 m² mindestens drei verschiedene Blütenfarben
  • Keine Giftpflanzen oder problematische Unkräuter
  • keine Ansaat innerhalb der letzten 10 Jahre
  • keine Streu- oder Nasswiese

Ziel ist die Wiederherstellung einer typischen, artenreichen Mähwiesengesellschaft mittlerer Standorte (also weder zu feucht/nass noch zu trockener Standorte) auf ihrer Fläche. Typischerweise sind dies Glatthaferwiesen unterschiedlicher Ausprägung, die je nach Standort und Düngung zwei- bis dreischürig bewirtschaftet werden. Welche Arten wir auf Ihrer Fläche ansalben können, hängt jedoch wesentlich von der Artenzusammensetzung der Spenderfläche sowie den Standorteigenschaften und der Bewirtschaftungshistorie der Empfängerfläche ab. Arten die auf der Spenderfläche nicht vorkommen, aber gut zu den standörtlichen Verhältnissen der Empfängerfläche passen, versuchen wir durch gezielte Handsammlungen auf bekannten artenreichen Wiesen zu ergänzen. Neben typischen Wiesenblumen, wie z.B. Wiesen-Margerite, Witwenblume, Schafgarbe, Große Bibernelle, Hornklee und Wiesen-Pippau, sollen auch die typischen Wiesengräser, wie z.B. Glatthafer, Ruchgras oder Wiesen-Schwingel übertragen werden. Alle Arten zusammen bilden eine stabile und den Standort optimal ausnutzende Wiesengesellschaft. Bestände, die Problemkräuter, wie z.B. Kreuzkräuter und Ampfer, enthalten, werden nicht als Spenderflächen genutzt.

Empfängerfläche: Mähwerk, Schwader, Wiesenstriegel, Ladewagen (mit Dosierwalze und Kleinschnitteinrichtung (10 – 20 cm), Kreisler/Heuwender, Heugabeln etc. zum Verteilen des Mähgutes

Aufgrund der unterschiedlichen Ausstattung mit Maschinen erörtern wir in jedem Einzelfall die bestmögliche Vorgehensweise mit den Bewirtschafter*innen. Fehlende Maschinen ergänzen wir ggf. durch den Maschinenring.

Wir suchen Spenderflächen in einem Radius von ca. 10 km, die zu den Standorteigenschaften der Empfängerfläche passt. Hinweise nehmen wir sehr gerne entgegen.

Eine weitere extensive Bewirtschaftung ist möglich und auch erwünscht (vgl. Ernteerträge der Versuchsfläche “Buntes Grünland” in Leutkirsch-Balterazhofen

Langfristig soll die Fläche extensiv bewirtschaftet werden ohne oder mit nur wenig Düngung und mit zwei bis drei Schnitten im Jahr je nach Standort. Direkt nach der Mähgutübertragung benötigt es aber meist zusätzliche Schröpfschnitte, um den aufkommenden Keimlingen ausreichend Licht zur Verfügung zu stellen. Hier stehen wir bei Fragen zur Seite und geben individuelle Pflegeanweisungen. Eine Nachbeweidung mit Rindern stellt bei geringer Besatzdichte kein Problem dar. Im Übertragungsjahr sollte jedoch keine Beweidung stattfinden.

Je nach Intensität der Vorbewirtschaftung kann es durch die Umstellung des Mahdregimes und einer anderen Wiesenvegetation zu Einbußen im Ertrag kommen. Eine Vielschnitt-Silagewiese hat durch hohe Düngergaben und häufige Schnitte ein stark abweichendes Ertragsniveau, eine Heuwiesennutzung ist damit nicht vergleichbar. Auch kann sich der Strukturanteil erhöhen (Raufutter). Aus unserer Erfahrung aus dem Projekt „Buntes Grünland“ frisst das Vieh im Demeter-Michviehbetrieb das artenreiche Heu sehr gerne.

Der optimale Zeitpunkt für Ernte der Spenderfläche auf die Empfängerfläche hängt von der Samenreife der zu übertragenen Pflanzenarten ab. Übertragungen sind zu verschiedenen Zeitpunkten möglich, zumeist ist die zweite Junihälfte günstig für die Übertragung. Starke Trockenperioden im Hochsommer sind allerdings ungünstig. Die Ernte des Mähguts erfolgt durch Mähen frühmorgens, wenn es noch Taufrische hat, sodass Samen im Mähgut anhaften.

Wird die Wiese stark aufgewertet (langwieriger Prozess über mehrere Jahre), kann sie als FFH-Mähwiese erfasst werden und unterliegt dann einem naturschutzfachlichem Verschlechterungsverbot. Für die Bewirtschaftung von FFH-Mähwiesen können jedoch Ausgleichsgelder beantragt werden.

Kostenlos abgerufen von: https://bluehende-landschaft.de/projekte/wiesenwerts-allgaeu