Miniwildnis – Hotspot der Artenvielfalt mit Gewinn

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Ein Gastbeitrag von Eva Stengel

Eva ist eine Kommunikationsexpertin und Naturschützerin aus Ellwangen/Ostwürttemberg. Sie hat sich schon lange mit dem Phänomen beschäftigt, dass sich die Gärten in ihrer Umgebung zunehmend in monotone, versiegelte, naturfeindliche Steinwüsten verwandeln, maximal begrünt mit Kirschlorbeer, Bambus oder ähnlichem und begrenzt von Gabionen und Plastiksichtschutzzäunen (Beitragsfoto oben: Eva Stengel).

Die Vorteile der Miniwildnis

Die wilden Ecken: In einer zunehmend zerschnittenen, durch menschliche Aktivitäten geprägten Umwelt, dienen „Miniwildnis“-Flächen im kommunalen, im privaten Bereich oder rund um Unternehmen als Rückzugsgebiete für Lebewesen aller Art. Sie übernehmen eine ganz wichtige Rolle – unter anderem als äußerst wirksame Maßnahme gegen das Insektensterben.

„Miniwildnis“-Flächen bieten vielen Kleinlebewesen – gerade auch Insekten – einen vielfältigen Lebensraum für eine breite Palette heimischer Arten.
Die dortige Vielfalt an Wildpflanzen und natürlichen Strukturen dienen als Nahrungsquelle, Deckung, Wohn- und Fortpflanzungsstätte für beispielsweise Tag- und Nachtfalter, Wildbienen, Käfer und Libellen – welche oft auf spezifische Pflanzenarten angewiesen sind, um zu überleben. Auch Amphibien, Reptilien, Vögel und kleine Säugetiere finden dort Platz zum Leben. Selbst durch das Vorhandensein von entsprechend bepflanzten Gefäßen, sogenannten Trittsteinbiotopen, können Vielfalt- und Anzahl weiter erhöht werden – sogar auf versiegeltem Gelände oder in städtischen Gebieten, wo natürliche Lebensräume oft begrenzt sind.
Bestäuber werden in der Miniwildnis bei ihrer so wichtigen Aufgabe unterstützt: Insekten bestäuben nicht nur die Pflanzen in den wilden Ecken selbst, sondern tragen auch zur Bestäubung von benachbarten Pflanzen in Gärten und umliegenden Flächen bei. Dies wiederum fördert eine bessere Fruchtbarkeit und Ernteerträge in landwirtschaftlichen Betrieben und die Erhaltung der natürlichen Pflanzenvielfalt.*
Miniwildnis unterstützt das natürliche Gleichgewicht der Natur. Sie bietet nämlich gleichzeitig Lebensraum für die natürlichen Feinde von Schädlingen, wie beispielsweise Vögel, Igel, Amphibien, Reptilien und Fledermäuse oder bestimmten Insektenarten. Das Vorhandensein dieser natürlichen Feinde hilft nachhaltig – und hochwirksam dabei, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren.

Die Brennessel – ein häufig verfemtes „Unkraut“ (Foto: Eva Stengel)
Eine Miniwildnis-Insel in Wien (Foto: Eva Stengel)

In ihrer Funktion als „Rettungsinsel“ bietet Miniwildnis einen Rückzugsort vor Schadstoffen und anderen schädlichen Einflüssen. Nach wie vor werden überall Herbizide und Insektizide eingesetzt, um vermeintliches Unkraut und Schädlinge zu bekämpfen. Wilde Ecken bieten Tieren und Pflanzen einen geschützten Raum.
In Zeiten des massiv voranschreitenden Klimawandels und in Konsequenz von extremen Wettereignissen, braucht es so rasch wie möglich sinnvolle Maßnahmen zur Klimaanpassung. Auch hier übernehmen Schaffung und Erhalt von Miniwildnis-Flächen eine wichtige Funktion.
Wildpflanzen können sich in der Regel besser an die klimatischen Bedingungen anpassen und dadurch effektiver CO2 binden als kultivierte Exoten.
Heimische Wildpflanzen interagieren viel besser mit den natürlichen Ressourcen vor Ort. Sie benötigen häufig weniger Wasser und sind weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge. In Gewächshäusern kultivierte, exotische Pflanzen sind oft auf Bewässerung und den Einsatz von Dünger sowie Pestiziden angewiesen und leisten insgesamt einen geringen Beitrag zum Arterhalt.
Durchdachte Begrünungsmaßnahmen mit heimischen Pflanzen tragen dazu bei, städtische Hitze-Inselwirkung zu reduzieren. Sie tragen so zur Verbesserung des Mikroklimas bei – und können dadurch Energiebedarf für Klimatisierung und Kühlung verringern.
Last but not least: Miniwildnis-Flächen benötigen zwar Pflege – aber deutlich weniger als intensiv kultivierte Flächen.

Jeder Quadratmeter zählt.

Die Förderung kleiner wilder Lebensräume hat nachweislich zahlreiche positive Auswirkungen auf die lokale Tier- und Pflanzenwelt und das gesamte Ökosystem.
Schon kleine und kleinste Maßnahmen dienen dazu, eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen und Lebensgrundlagen zu erhalten.
Insgesamt sind wilde Ecken von unschätzbarem Wert für den Schutz von Artenvielfalt und Biodiversität sowie den Erhalt unserer Lebensqualität in Zeiten des Klimawandels. Miniwildnis gewinnt!

„Miniwildnis ist wichtig: Millionen kleiner und kleinster Archen könnten der Natur noch helfen!”

Prof. Peter Berthold (weltbekannter Ornithologe und Naturschützer)

Warum gibt es trotzdem immer noch Widerstand gegen wilde Ecken und Flächen?

Hierzulande wird seit langem ein bestimmtes Ideal von Schönheit propagiert, das gepflegte und kontrollierte Natur darstellt. Dieses Ideal hat sich im Laufe der Zeit manifestiert und wird, ohne nachzudenken, weitergegeben. Ein gemähter, einheitlich grüner Rasen wird als ästhetisch ansprechend – und ordentlich wahrgenommen, während wild wachsende Pflanzen und unstrukturierte Landschaften häufig als unattraktiv oder ungepflegt gelten. Oft wird zeitweise unkontrollierte Natur auch als verwahrlost und dadurch als unsicher empfunden. Es wird befürchtet, dass wilde Grünflächen Lebensräume für Schädlinge, Unkraut oder gefährliche Tiere (und Menschen) bieten könnten. Hinzu kommen sozialer Druck und Normen: Wenn die Mehrheit der Anwohnenden einen gepflegten Rasen bevorzugen und auch von den Nachbar*innen erwarten, werden diejenigen, die ihre Umgebung „wilder“ wollen, nicht selten angegangen und ausgegrenzt.

Ursprung für diese subjektive Wahrnehmung ist häufig einfach Nichtwissen. Man ist sich in einer zunehmend technologisierten – der Natur weitgehend entfremdeten Welt – schlichtweg nicht (mehr) bewusst, wie wichtig eine möglichst große und intakte Vielfalt von Pflanzen und Tieren für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen, ja sogar für den Erhalt unserer psychischen Gesundheit ist.**

Graues Grauen: Immer mehr versiegelte Flächen – überall (Foto: Eva Stengel)
Hier mag man es wilder (Foto: Eva Stengel)

Die Kampagne Miniwildnis

Meine private Initiative „Miniwildnis“ setzt sich ein für Vielfalt statt Monotonie. Die Initiative konnte schon einige Erfolge verzeichnen. Neben der Deutschen Bahn, welche bereits Brachflächen mit großen Miniwildnis Infotafeln beschildert hat, wies die Stadt Schwäbisch Gmünd 14 Miniwildnis-Flächen aus, die nun extensiv gepflegt werden.

Das Miniwildnis Banner

Einige Privatpersonen wurden zu Miniwildnis-Botschafter*innen und das Netzwerk wächst. Prominente Unterstützer*innen konnten gewonnen werden, sowie Unternehmen und Partner*innen-Initiativen. Nicht zuletzt freue ich mich nun auch Netzwerkpartnerin des
Netzwerks Blühende Landschaft zu sein. Gemeinsam können wir noch viel mehr erreichen.

Auftaktschild zum Miniwildnis Parcours in Schwäbisch Gmünd – insgesamt 14 beschilderte Flächen (Foto: Eva Stengel)
Auch die Deutsche Bahn macht mit und weist Miniwildnis Flächen aus – hier in Weiler (Foto: J. Zawadil)

Interessiert Sie meine Arbeit?

Besuchen sie meine Webseite (www.miniwildnis.de) oder schreiben Sie mir per Mail unter info@eva-stengel.de.

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Kostenlos abgerufen von: https://bluehende-landschaft.de/miniwildnis-hotspot-der-artenvielfalt-mit-gewinn