Die widersprüchliche Welt des Löwenzahns: Eine Blüte, die mehr ist als nur Unkraut

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Jetzt blüht er wieder – der Löwenzahn. Für viele Imker und Honigbienen die erste große Tracht in Grünlandregionen.

Eine idyllische Frühlingswiese – ein leuchtendes Meer von gelben Blüten, die sanft im Wind wiegen. Doch was auf den ersten Blick nach einem Festmahl für Honigbienen aussieht zeigt gleichzeitig auch ein Problem an. Willkommen in Welt des Löwenzahns – einer Blume, die nicht nur Unkraut ist, sondern auch eine wichtige Zeigerfunktion hat.

Die Monotonie der Löwenzahnblüte: Meine Entdeckung der grünen Wüste

Es war ein warmer Frühlingstag, als ich meine fleißigen Bienen beim Eintragen des Löwenzahnhonigs und großer Mengen Pollen beobachtet habe. Für mich ist der Löwenzahnhonig die wichtigste und oft auch einzige ergiebige Tracht im Allgäu, einer Grünlandregion. Reiner, leuchtender Honig ohne Ackergifte, mein ganzer Stolz. Bei passenden Anlässen verschenke ich gerne mal ein Glas Löwenzahnhonig. Doch habe ich einmal überraschend negatives Feedback bekommen. “Ich mag keinen Honig von kaputten Wiesen” hat mir ein Beschenkter gesagt. Kaputte Wiesen in meiner idyllischen, gelb blühenden Heimat? Später, als ich beim Netzwerk Blühende Landschaft angefangen habe wurden mir die Zusammenhänge immer klarer: zwar ist der Löwenzahn ein toller Nektar- und Pollenspender für die Honigbienen und auch viele andere Blüten besuchende Insekten. Aber bei massenhaftem Vorkommen zeigt er uns auch ein Problem an.

Löwenzahn als Alarmzeichen?

Löwenzahn zeigt uns bei Massenauftreten verdichtete Böden und Nährstoffüberfrachtung an

Löwenzahn ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch eine so genannte Zeigerpflanze. Dort, wo er massenhaft vorkommt sind die Böden durch starke Düngung sehr stark mit Stickstoff angereichert und durch schwere Landmaschinen verdichtet. Warum das ein Problem ist sieht man dann, wenn man dieselben Wiesen im Sommer anschaut.
Auf der Wiese im Bild sieht man die Bewirtschaftungspraxis: vorne blüht noch der Löwenzahn, hinten ist schon abgemäht und Gülle ausgebracht, die große Mengen Stickstoff in den Boden einbringt. Hier blüht aber auch noch das Wiesenschaumkraut, diese Fläche ist noch nicht ganz am Ende. Hier könnte man allein durch weniger Düngung schon eine größere Artenvielfalt zurückkehren lassen.

Wo im Frühling massenhaft der Löwenzahn blüht kommt im Sommer meist nichts mehr.

Die Bodenbedingungen, die den Löwenzahn so sehr begünstigen gefallen leider den meisten Wiesenblumen überhaupt nicht. Bei dem hohen Nährstoffgehalt freuen sich schnell wachsende Gräser (sogenannte Starkzehrer), die Blumen kein Licht mehr zum Leben lassen. Zudem werden diese Wiesen meist auch intensiv genutzt, sodass eine artenreiche Blütenvielfalt keine Chance mehr hat. Ist der Löwenzahn erst abgemäht kommt in den kommenden Wochen das eigentliche Problem zum Vorschein.

Die Grüne Wüste im Sommer

Geht man nach der ersten Mahd zu denselben Wiesen, dann sieht man den ganzen Sommer über nur noch grün, grün, grün. Als Imker sieht man die Welt immer auch ein bisschen mit Bienenaugen und stellt dann fest: das ist eine grüne Wüste. Was früher mal eine Blumenwiese war ist heute nur noch ein Grasacker, auf dem nur noch wenige Grasarten und fast keine Blumen mehr wachsen. Hier gibt es keine Nahrung für Insekten und auch das Futter ist zwar nährstoffreich, um viel Milch zu erhalten – aber eben auch wenig abwechslungsreich und gesund, weshalb die Milch- und Fleischprodukte weniger wertvoll in ihrem Gehalt an Mikronährstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und z.B. Omega3-Fettsäuren sind. Also ebenso Mangelernährung für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge & Co. als auch für uns Menschen.

Das Projekt “Buntes Grünland” zeigt, wie wir wieder artenreiche Blumenwiesen schaffen

Streifen um Streifen zurück in die Zukunft der Wiesen

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Hier sieht man die angesäten Streifen im ersten Projektjahr 2018. Mittlerweile haben sich die Blumen wieder großflächig ausgebreitet.

Im Projekt “Buntes Grünland” zeigen wir vom Netzwerk Blühende Landschaft mit unseren Partner elobau-Stiftung und Stöckmann-Stiftung wie man diese grüne Wüste wieder in einen artenreichen Lebensraum für Blumen, Wildbienen, Schmetterlinge, Heuschrecken & Co. verwandeln können.
Wir erproben und bewerten verschiedene Techniken und Methoden, wie man

a) wieder eine Vielfalt von Blumen auf den Wiesen ansiedeln kann und

b) die Wiese nach wie vor landwirtschaftlich nutzen kann.

Interessanterweise hat sich in den ersten fünf Jahren des Projekts gezeigt, dass die bewusst nicht auf Spitzenerträge ausgelegte Wiese mit ihrer extensivierten Bewirtschaftung in vielen Jahren sogar mehr Futter für Kühe abwirft als intensive Gülle-Silage-Wiesen. Warum? Weil artenreiche Lebensräume auch in Hitzesommern stabiler sind. Landbewirtschaftende sprechen hier von “Nutzungselastizität”.

Wir wollen unbedingt mit dem Projekt weiter machen um Landnutzenden praktische Handlungstipps und Zahlen an die Hand zu geben, damit sie wieder mehr Blumenwiesen pflegen. Weniger Löwenzahn im Frühling, dafür eine ganzjährig blühende Wiese.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Löwenzahnblüte

Frage: Müssen wir den Löwenzahn jetzt bekämpfen?
Antwort: Nein, keinesfalls! Löwenzahnblüten bieten eine frühe Nahrungsquelle für Bienen und andere bestäubende Insekten, die sie dringend benötigen, um ihren Stock oder ihr Nest zu stärken. Dennoch müssen wir wieder mehr Blumenarten auf die Wiesen kriegen und so den Fokus vom Löwenzahn auf die Vielfalt verschieben.

Frage: Warum wird Löwenzahn oft als Unkraut betrachtet?
Antwort: Aufgrund seines schnellen Wachstums und seiner Fähigkeit, sich schnell zu verbreiten wird Löwenzahn vor allem im Garten als Unkraut angesehen. Doch aus ökologischer Sicht ist er weit mehr als das. Will man ihn reduzieren hilft es viel mehr, die Ursachen für sein Massenaufkommen abzuschalten. Weniger düngen und angepasst mähen hilft nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch im Garten.

Hilf mit und lass wieder bunte Wiesen entstehen!

Du kannst Dich über mehrere Wege für artenreiche Wiesen einsetzen

Solche Pilotprojekte wie das “Bunte Grünland” können wir nur aufgrund von Spendengeldern umsetzen. Hilf uns mit Deiner Spende, dieses Projekt in die Zukunft zu führen und viele Landbewirtschaftende damit zu erreichen, auf dass sie selber auch viele Wiesen wieder bunt machen.

Darüber hinaus kannst Du als Blühpate im Projekt “BienenBlütenReich” auch Blühpate für eine Blumenwiese werden. Diese Flächen sind in ganz deutschland verteilt und blühen nicht nur für unsere Insekten, sondern sie zeigen auch vielen Menschen, dass sich Nachmachen lohnt!

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